Ausgabe 25, September 1999

Schaltungs-Simulationsprogramme


Wenn heute in der Industrie eine neue Schaltung entworfen wird, dann wird sie vor dem ersten Probeaufbau erst einmal am Computer simuliert. Die dafür verwendeten Simulationsprogramme arbeiten so realistisch, dass sich viele Details überblicken lassen. Nicht zuletzt kann man auch einiges mit ihnen lernen. Auf der CD "Highlights der Elektronik" befinden sich drei Simulationsprogramme aus dem Franzis-Verlag für ganz unterschiedliche Einsatzbereiche.

Elektronik-Baukasten

Der Elektronik-Baukasten von N.Weig ist ein sehr einfach zu bedienendes Programm. Bereits nach einer Stunde baut man erfolgreich eigene Schaltungen auf. Die fotorealistische Darstellung und der Stil des Programms motivieren zum spielerischen Umgang mit der Elektronik. Fehler führen zum spektakulären Durchbrennen von Bauteilen, die jedoch per Befehl wieder reparieren lassen.

Die Simulation der Schaltungen ist sehr genau und realitätsnah. Die eingebauten Messgeräte reichen auch für kompliziertere Untersuchungen aus. Eine Schaltung, die in der Simulation funktioniert, kann problemlos auch praktisch nachgebaut werden. Damit eignet sich das Programm besonders zur Vorbereitung praktischer Arbeiten. Wenn in einer Arbeitsgemeinschaft ein elektronischer Blinker gebaut werden soll, lassen sich die geeigneten Bauteile zuerst in der Simulation auswählen. Nicht zuletzt können auch kreative Entwürfe neuer Schaltungen leicht und materialschonend erprobt werden.

Die Demoversion des Elektronik-Baukasten ist in der Anzahl der gleichzeitig einsetzbaren Bauteile begrenzt, es sind maximal vier. Die beigelegten Schaltungsbeispiele zeigen aber, dass man damit schon einiges anfangen kann. Hier die Schaltung eines einfachen Netzgeräts mit Einweg-Gleichrichter mit Glättungskondensator. Der Transformator wird durch die einstellbare Spannungsquelle ersetzt. Mit der eingestellten Frequenz von nur 2 Hz lässt sich das Laden und Entladen des Kondensators direkt beobachten. Als Last wird hier eine Glühlampe verwendet. Man kann die Frequenz ohne weiteres auf 50 Hz erhöhen, um Ergebnisse für ein reales Netzteil zu erhalten. Die Fragestellung ist z.B., welcher Kondensator bei einer gegeben Belastung eingesetzt werden muss, um eine ausreichend gute Glättung zu erhalten.

Simulation eines Einweg-Gleichrichters mit Glättung

Der Elektronik-Baukasten eignet sich für einfache Schaltungen mit Einzeltransistoren. Was man hier vergeblich sucht, sind speziellere Bauteile und integreierte Schaltungen. Wer sich ernsthafter mit der Simulation beschäftigen möchte, sollte die folgenden Programme erproben.


2. Electronics Workbench

Electronics Workbench ist ein leistungsfähiges Simulationsprogramm, das in erster Linie für die Ausbildung entwickelt wurde. Es verwendet eine SPICE-Simulation, in der jedes Bauteil durch ein Modell beschrieben wird. Die Schaltungssimulation mit Electronics Workbench wird ausführlich in dem vierbändigen Werk "PC-Elektronik Labor" von H. Bernstein behandelt. Auf der beiliegenden CD befindet sich auch die Demoversion von Electronics Workbench mit den Schaltungsbeispielen zum Buch.

Die Demoversion findet man auch auf dieser CD. Sie besitzt nur geringe Einschränkungen gegenüber der Vollversion: Es sind weniger Bauteile verfügbar, und man kann nur eine begrenzte Zeit arbeiten. Das Programm kann aber immer wieder neu gestartet werden.

Die Simulation umfasst hier auch integrierte Bauteile wie Operationsverstärker. Man kann eine Scaltung zunächst mit einem "idealen" OPV aufbauen und durchmessen. Dann können reale OPV wie z.B. der oft eingesetzte LM324 getestet werden. Die Simulation zeigt die Abweichung zwischen Theorie und Praxis. Vor allem bei hohen Frequenzen stoßen reale OPV schnell an ihre Grenzen. Außer einem Oszilloskop gibt es einen Bode-Plotter zur Untersuchung von Frequenzgängen. Das folgende Bild zeigt die Simulation des Bandpassfilters.

Bandpassfilter, durchgemessen mit dem Bode-Plotter

Die Simulation eines Gegentaktverstärkers zeigt die typischen Übernahmeverzezzungen beim Betrieb ohne Ruhestrom. Auch die Transistoren können aus einer längeren Liste ausgewählt werden. Man kann also den geeigneten Typ für eine Schaltung aussuchen, bevor man ihn einlötet.

Verzerrungen in einer Gegentaktendstufe


3. Circuit Maker 5.0

Ein wahres Highlight der Simulation ist das Programm Circuit Maker, das vom Franzis-Verlag mit deutschem Handbuch herausgebracht wurde. Die Demoversion auf dieser CD ist nur in der Speicherfunktion eingeschränkt. Alle Bauteile und die volle Simulationsleistung stehen dem Anwender für einen ausführlichen Test zur Verfügung.

Circuit Maker beruht wie Elektronics Workbench auf den Simulations-Algorithmen von SPICE. Das Programm ist aber noch professioneller. Es hat mehr Bauteile und bringt vor allem noch bessere Messergebnisse. Besonders interessant ist die professionelle Ausgabe von Messergebnissen. Ergebnis-Diagramme sind vollständig beschriftet und lassen sich exakt auswerten.

Auch neuere Bauteile können verwendet werden, wenn der Hersteller ein SPICE-Modell zur Verfügung stellt. Dies ist bei vielen Halbleiterherstellern üblich. Man erhält SPICE-Modelle auch über das Internet.

Das Bild zeigt ein Tiefpassfilter und die Messergebnisse für den Frequenzgang. Der verwendete OPV zeigt seine Schwächen oberhalb 200 kHz, weshalb keine größere Dämpfung als -50 dB erreicht wird. Mit wenig Aufwand könnte man nun auf die Suche nach einem besseren OPV gehen. Circuit Maker enthält eine lange Liste davon.

Ein Tiefpassfilter im Circiut Maker

Das Programm erlaubt die gemischte Simulation digitaler und analoger Bauteile. Das folgende Bild zeigt einen Binärzähler mit nachfolgenden Transistor-Schaltstufen. Im Beispiel wurde u.a. das Schaltverhalten eines Transistors BC337 untersucht. Man erkennt eine gewisse Abschrägung der ansteigenden Flanke. Die Anstiegszeit beträgt etwa 200 ns. Allgemein ist der Übergang in den Sperrzustand bei Transistoren nie ganz ohne Verzögerungen möglich. Bei höheren Frequenzen kann das zu einem Problem werden. Es gibt verschiedene Maßnahmen, um das Schaltverhalten zu verbessern, die alle in der Simulation erprobt werden können. Man könnte den Arbeitswiderstand niederohmiger machen und die aktive Abschaltung des Transistors durch einen kleinen Parallelkondensator zum Basiswiderstand unterstützen. Wichtig ist auch, den Transistor nicht übermäßig in die Sättigung zu steuern.

Schaltverhalten eines Transistors

Eine besondere Stärke zeigt Circuit Maker in der DC-Analyse. Man kann hier ganze Kennlinienfelder von Bauteilen erzeugen. Hier die Untersuchung eines BC547A und sein Ausgangs-Kennlinienfeld bei Basisströmen bis 1 mA. Man sieht deutlich den Knick beim Übergang in den Sättigungsbereich und die geringe Steigung bei größeren Kollektor-Emitterspannungen.

Messung eines Ausgangs-Kennlinienfeldes

Circuit Maker ist ein professionelles Werkzeug, das sich besonders für ernsthafte Anwendungen in der Oberstufe und in der beruflichen Bildung eignet. Nicht alles ist in einem durchschnittlich gut ausgerüsteten Labor messtechnisch erfassbar. Die Messgeräte in der Simulation stoßen nicht so schnell an ihre Grenzen. Wer also genauer hinsehen will, kommt oft an einer Simulation nicht vorbei.


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